Nass-in-Nass-Technik im Aquarell
Die Nass-in-Nass-Technik ist wohl die schönste Technik im Aquarellmalen. Dank ihr bin ich dem Aquarellmalen total verfallen.
Es gibt verschiedene Wege, mit nassen Aquarellfarben zu malen und häufig werden Begriffe wie Nass in Nass, Lavieren, Verwaschen etc. fröhlich durcheinandergeworfen.
In diesem Artikel sortiere ich das Ganze mal durch (auf meine Weise, aber das nach bestem Wissen und Gewissen 🤓).
Hier das 👉 Video anschauen: „Nass-in-Nass-Technik im Aquarell“
Du liest lieber? Dann geht’s hier weiter 👇:
Was ist Nass-in-Nass-Technik und wofür ist das gut?
Nass-in-Nass klingt erst mal irgendwie technisch. Aber es ist Magie, die da auf deinem Papier passiert. Durch die Nass-in-Nass-Technik werden Aquarelle so typisch zart und weich, zufällig und absolut einzigartig.
„Nass-in-Nass“ verstehe ich als Oberbegriff dafür, Aquarellfarben und (viel) Wasser miteinander zu kombinieren und ineinander verlaufen zu lassen.
Wenn du Aquarellfarben mit Wasser auf deinem Papier zusammenbringst, suchen sie sich ihren eigenen Weg. Sie machen, was sie wollen. Die Kontrolle liegt eher nicht bei dir.
Aber keine Sorge. Die Angst vor dem „Kontrollverlust“ verlierst du schnell. Du wirst staunen, überrascht sein und mehr davon haben wollen 😊.
Ein wenig Übung und Erfahrung wirst du brauchen. Aber das Experimentieren mit den fließenden Farben ist mehr Spielen als Üben, versprochen.
Von Lavieren bis Verwaschen – was ist der Unterschied?
Schneller Überblick
Nass-in-Nass-Technik mit Aquarellfarben
Nass in Nass malen heißt ganz allgemein, nasse Farbe in einen nassen Untergrund zu geben, also entweder auf nasses Papier oder in nasse Farbe.
Die Farbe kannst du in den feuchten Untergrund bzw. in nasse Farbe reintupfen (breit oder spitz), reinstreichen, reinsprenkeln. Dort verbreitet sie sich dann dahin, wo es nass ist. Je nasser alles ist, desto weniger Kontrolle hast du.
Oder du lässt zwei nasse Farbflächen sich berühren. Da, wo sie sich treffen, fließen sie ineinander, wie bei den Kreisen im nächsten Bild 👇.
Wichtig: Die einzelnen Elemente sollten etwa gleich nass sein. Tupfst du nasse Farbe in eine schon trocknende Farbe oder verbindest unterschiedlich feuchte Farben, fließen sie nicht mehr (so gut) ineinander. Dabei entstehen harte Wasserränder und Flecken.
Auch verhalten sich Aquarellfarben, je nach Marke, Hersteller oder ihrer Pigmentierung, unterschiedlich. Wie die Farben aus deinem Farbkasten fließen, findest du mit der Zeit und etwas Übung heraus.
Lavieren im Aquarell
Lavieren oder Verlaufstechnik ist eine Nass-in-Nass-Maltechnik. Lavieren und „Nass-in-Nass“ lassen sich nicht immer eindeutig voneinander abgrenzen. Sie gehen quasi fließend(!) ineinander über.
Lavieren beschreibt, wie du Farben auf dem Papier aktiv mit dem Pinsel fließend verteilst oder vermischst.
Dazu gehört das Malen von Farbverläufen, sowohl einfarbige als auch mehrfarbige. Beispiel: ein blauer Sommerhimmel oder ein zweifarbiger Abendhimmel.
Für so einen Verlauf wird eine nasse Farbe aufgetragen und – beim Beispiel Himmel – nach unten gleichmäßig vermalt. Das Lavieren zeigt sich dabei in dem Ineinandermalen von blauer Farbe (und Wasser) bzw. beim Abendhimmel beim Ineinandermalen mehrerer Farben (z. B. Rot und Orange).
Eine Lavur ist meist so angelegt, dass sie:
Auch gleichmäßige einfarbige Farbflächen kannst du lavierend malen.
Verwaschen und Auswaschen („durstiger Pinsel“)
Verwaschen im Aquarellmalen beschreibt, wie du mit einem feuchten Pinsel (an)getrocknete Farbe anlöst und diese weich vermalst.
Verwaschen beschreibt auch, wie man Linien aus Tinte, Tusche oder Aquarellstiften feucht anlöst und vermalt bzw. verwäscht.
Auswaschen heißt, mit einem trockenen („durstigen“) Pinsel, Schwamm oder Tuch feuchte Farbe vom Papier abzuheben.
Beispiel für Verwaschen: Du hebst fast oder ganz trockene Farbe mit einem leicht feuchten Pinsel oder Schwamm ab und kreierst so einen Lichtreflex auf einem See. Oder du löst einen harten Farbrand feucht an und vermalst ihn weich. So kannst du auch kleinere Fehler in einem Aquarellbild kaschieren.
Beispiel für Auswaschen: Du tupfst mit einem Pinsel oder Papiertuch feuchte blaue Farbe vom Papier und kreierst so helle Wolken in einem blauen Himmel (ich sage hell, weil man das Papier nicht wieder reinweiß bekommt).
Manche Farben sind „stark färbend“. Sie lassen sich nur schwer abheben, weil sie sich stark mit den Papierfasern verbinden. Auch hier findest du durch Probieren raus, auf welche deiner Farben das zutrifft.
Genauso hängt es vom Aquarellpapier ab, wie gut sich Farben wieder anlösen und abheben lassen. Bei „cold pressed“ Papieren mit leichter Struktur funktioniert es z. B. besser als bei „hot pressed“ Papieren (die glatten, satinierten).
„Blumenkohlflecken“ – mit Absicht 😉
Wenn du nasse Farbe in Farbe reingibst, die schon antrocknet, entstehen beim Trocknen Ausblühungen („blooms“), auch Blumenkohlflecken genannt.
Die Pigmente wandern dorthin, wo die nasse auf die trockenere Farbe trifft, sammeln sich da, verästeln sich und trocknen mit unregelmäßigen Rändern.
Du kannst selber solche Flecken produzieren, indem du nasse Farbe oder Wassertropfen in Farbe gibst, die schon anzieht. Je nachdem, wie trocken die erste Farbe ist und wie großzügig du nass dort reintropfst, gibt es die unterschiedlichsten Flecken.
Viele Aquarellmaler mögen diese Flecken nicht, betrachten sie als Fehler und versuchen sie zu vermeiden oder zu kaschieren (z. B. durch Verwaschen, siehe oben).
Ich mag diese Flecken und lasse sie meistens stehen, wenn sie mir wie Sternschnuppen in meinem Bild „passieren“. Oft genug mache ich absichtlich welche. Ich finde, sie machen jedes auch noch so kleine Aquarellmotiv zu etwas Besonderem.
Falls du sie gar nicht magst (völlig okay!), hilft viel üben. Dann bekommst du ein gutes Gefühl dafür, wie du Wasser und Farben geschmeidig und fleckenlos kombinierst.
Material-Tipps für das Nass-in-Nass-Malen
Für die Nass-in-Nass-Technik brauchst du ganz normales Aquarellmaterial. Am wichtigsten ist gutes Aquarellpapier mit mindestens 250 Gramm, besser: 300 Gramm. Und: idealerweise mit 100 % Baumwolle.
Mit dünnerem Papier funktioniert es einfach nicht. Da beim Nass-in-Nass-Malen reichlich Wasser im Spiel ist, muss das Papier eine Menge aushalten. Dünneres Papier wellt sich oder reißt sogar. Es bilden sich Pfützen und die Farben sind nach dem Trocknen fleckig.
Das gute schwere Papier mit Baumwolle kann viel Wasser aufnehmen. Zudem bleibt es länger gleichmäßig feucht, so dass du beim Malen nicht in Stress gerätst. Ein wenig wellt es sich vielleicht auch, aber lange nicht so sehr wie das dünnere Papier.
Besonders praktisch ist ein vierseitig verleimter Block. Da kann sich das Papier kaum wellen. Wenn du ein einzelnes Blatt benutzt, klebe es mit Klebeband (z. B. Washi-Tape) fest auf eine Unterlage.
Zum Thema Pinsel und Farben: Ich empfehle dir, einen größeren Aquarell-Rundpinsel zu nutzen, der viel Farbe und Wasser hält. Bei den Farben bist du gut dabei, wenn es ordentliche Aquarellfarben in mindestens mittlerer Qualität sind. Mit Wasserfarben aus dem Schulfarbkasten funktioniert das Ganze eher nicht.
Du hast noch gar kein Aquarell-Material? Dann hilft dir vielleicht dieser Blogartikel weiter: 👉 Aquarell-Grundausstattung für den Start
Video anschauen: Nass in Nass im Aquarellmalen
Im Video zeige ich dir vereinfacht die Nass-in-Nass-Technik, vor allem, wie sich die Farben verhalten, wenn du sie in einen nassen Untergrund tupfst oder streichst. Dazu gibt’s zwei kleine Beispiele für eine Anwendung.
Ein Video, in dem ich zeige, wie du nass in nass schöne Farbverläufe malen („lavieren“) kannst, findest du hier: 👉 Farbverläufe malen im Aquarell
Zum Mitmalen „Nass in Nass“ brauchst du:
Hast du mit dem Video mitgemalt oder dein eigenes Nass-in-Nass-Experiment gestartet?
Dann würd ich zu gern wissen, wie dein Blatt Papier jetzt aussieht 😊! Und wie es dir beim Malen ergangen ist. Schreib’s mir gern unten in die Kommentare oder an: hallo@enjoy-aquarell.de
Hoffentlich hattest du auch so viel Freude daran wie ich, zu sehen, wie die Farben fließen und sich ihren ganz eigenen Weg suchen.
Viel Spaß beim Probieren und Experimentieren wünscht dir
Franziska
PS: Diese Beispiel-Motive mit Nass-in-Nass-Technik malen
Bei den Rotkehlchen und dem Wassereis-Bild kannst du die Erkenntnisse zum Thema Nass-in-Nass im Aquarell anwenden. Gönne dir Zeit, um zu spielen und rumzuprobieren. Es ist total okay, die Kontrolle über die Farben ein Stück weit abzugeben. Genieße es 😉!
Franziska Schwarzkopf
Beim Thema Aquarellmalen bin ich ein echter Spätzünder. Und damit lebender Beweis, dass es nie zu spät ist, mit dem Malen zu beginnen 😉.
Mit einfachen Aquarell-Tutorials und Malkursen begleite ich Hobby-Malerinnen bei ihrem Start ins Abenteuer Aquarellmalen.